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Meditation ist wie auf der Welle surfen

Auf Fotos sieht man Meditierende mühelos im Schneidersitz am Wasser sitzen und glücklich lächeln. Ein bisschen atmen und fertig ist die Instantkur gegen die Nebenwirkungen des Lebens. Wirklich? Nicht ganz, meint unsere Autorin.

Es scheint ganz einfach zu sein: Wer sich gestresst oder von Grübeleien verfolgt fühlt, muss nur meditieren, schon stellen sich auf wundersame Weise Entspannung und Gelassenheit ein – ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Benefits, die zahlreiche Studien belegen. Auf Fotos jedenfalls sehen Meditierende immer glücklich aus. Mühelos sitzen sie da, auf Bergspitzen, im Yogastudio oder am See, die Beine im Schneidersitz, die Hände zu anmutigen Mudras geformt, auf den Lippen ein seliges Lächeln. Ein bisschen atmen, ein bisschen «Bodyscan», fertig ist die Instantkur gegen die Nebenwirkungen des modernen Lebens.

Dem Gerede in unserem Innern lauschen

In Wirklichkeit ist Meditation eine Übung, kein Zustand. Eine lebenslange Praxis ohne bestimmtes Ziel, ausser dem einen: präsent zu sein in dem, was gerade ist. Das kann am einen Tag entspannend sein und am nächsten unerträglich. Denn der Geist produziert fast ununterbrochen Gedanken, die Gefühle und körperliche Empfindungen nach sich ziehen. Ein steter Strom, der alle paar Minuten die Richtung ändert, mal hoch dramatisch, mal völlig banal, himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Im Alltag sind wir uns dessen meist nicht bewusst. Erst in der Stille der Meditation bemerken wir das Gerede in unserem Innern. Und genau darum geht es. (Fortsetzung weiter unten...)

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Tipps für die Praxis
  • Die Wahl der Meditationsform ist nicht so entscheidend wie die Regelmässigkeit des Übens: Reserviere dafür täglich 15 Minuten oder mehr. An manchen Tagen wird es dir leicht fallen, an anderen Überwindung kosten. Nimm das zur Kenntnis, ohne darüber nachzugrübeln. Du musst nichts Bestimmtes erreichen, sondern einfach nur dranbleiben.
  • Nimm eine aufrechte, aber entspannte Haltung ein. Egal ob im Schneidersitz, auf einem Kissen oder einem Stuhl. Schliesse die Augen und nimm wahr, was ist: wie du sitzt, welche Geräusche da sind, was dir durch den Kopf geht. Lenke deine Aufmerksamkeit nun auf den Atem. Beobachte, wie er kommt und geht, ohne ihn zu beeinflussen. Er ist dein Anker im Hier und Jetzt.
  • Verurteile dich nicht, wenn du merkst, dass du dich in Gedanken verloren hast. Wende dich einfach wieder deinem Atem zu – bis zum nächsten Abschweifen.

Beobachten, was gerade passiert

Angenehm ist das allerdings nicht unbedingt und auch nicht automatisch entspannend. Es kann schmerzlich sein, wenn Ärger, Trauer oder Selbstzweifel hochkommen, verdrängte Erinnerungen, Wehmut oder Sehnsucht. Der Rücken tut weh, die Schultern sind verspannt, wir sind müde, hungrig oder beides, Unruhe macht sich breit. Normalerweise tun wir alles, um solchen Erfahrungen auszuweichen oder sie zumindest zu lindern. Die Praxis der Meditation besteht darin, dieser Angewohnheit zu widerstehen und stattdessen so aufmerksam und freundlich wie möglich zu beobachten, was gerade passiert.

In jeder Sekunde sind wir uns selbst

Es geht weder darum, nichts mehr zu denken noch einen bestimmten Geisteszustand festzuhalten, denn beides ist schlichtweg unmöglich. Alles verändert sich. In jeder Sekunde und auch in uns selbst. Beim Meditieren üben wir, damit zurechtzukommen. Das bedeutet nicht, dass uns das Auf und Ab des Lebens nicht mehr tangiert, Verluste nicht mehr schmerzen oder Stress nicht mehr belastet. Aber wir können lernen, sämtliche Erfahrungen und Emotionen als Teil des menschlichen Daseins zu begreifen und darüber Mitgefühl mit uns selbst und anderen entwickeln – die Früchte einer regelmässigen Praxis.

Dinge so sehen, wie sie sind

Vipassana heisst die am weitesten verbreitete Meditationsform Südostasiens: «Die Dinge so sehen, wie sie sind»: wunderschön und furchtbar, verletzend und heilsam, flüchtig, nicht festzuhalten, immer im Wandel. Es wird uns nicht gelingen, immer entspannt und glücklich zu sein, so sehr wir uns auch bemühen. Meditation ist ein Weg, das zu akzeptieren und trotzdem voller Freude zu leben. Oder wie der indische Yogalehrer Swami Satchidinanda es einmal auf den Punkt brachte: «Du kannst die Wellen nicht stoppen, aber du kannst lernen, auf ihnen zu surfen.»

von Ruth Hoffmann,

veröffentlicht am 15.12.2017, angepasst am 26.02.2024


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