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Gesünder leben?

Gesünder leben?

Die Weihnachts-Krankheiten – was Ärzte im Notfalldienst alles erleben

Alle Jahre wieder ... treten zur Weihnachtszeit Gesundheitsprobleme auf, die man schon an normalen Tagen nicht gebraucht hätte. Ernstes, Heiteres – und was man dagegen tun kann.

Die häufigen «Weihnachts-Krankheiten»

Erkältungen

Schnupfen, Husten, Halsweh, Fieber – das sind die häufigsten Beschwerden an Weihnachten. Nichts Wildes, möchte man meinen. Aber weit gefehlt: «Wenn Kinder damit auf den Notfall müssen, ist das immer schlimm für sie, weil sie fürchten, das Christkind zu verpassen. Wir setzen deshalb alles daran, dass sie rasch wieder heimkönnen», sagt Barbara Fiedel, Leitende Ärztin am Kantonsspital Winterthur. Ihre eigenen Kinder müssen Heiligabend fast immer ohne ihre Mutter auskommen, weil die Ärztin dann meist Dienst hat. «Sie kennen es gar nicht anders.»

Darmgrippe

Weihnachten ist Campylobacter-Zeit. Diese Bakterien verursachen im besten Fall keine Symptome, im schlechtesten Fall führen sie zwei bis fünf Tage nach dem «Genuss» zu Erbrechen und heftigem Durchfall. Aufgenommen werden sie meist beim unsachgemässen Umgang mit Lebensmitteln wie Pouletfleisch fürs Fondue chinoise.

Seelische Not

Die Einsamen sind an Weihnachten noch einsamer. Alkohol- oder Drogenprobleme und psychische Erkrankungen würden sich dann oft verschärfen, sagt Michel Marchev, ehemaliger Hausarzt im Berner Seeland. «Das Beziehungsnetz für die einsamen Menschen wird in dieser Zeit kleiner, weil die meisten Menschen bei ihren Familien sind.»

Der frühere Berner Hausarzt Bruno Kissling erinnert sich an einen Notfallbesuch in einem Bordell zu einem Freier, der so alkoholisiert und verzweifelt war, dass man ihn unmöglich vor die Tür stellen konnte. Kissling fuhr ihn zur Kriseninterventionsstation. Eine ältere Patientin hingegen sei kurzerhand ins Frauenhaus gegangen, um ihrer Einsamkeit zu entfliehen. «Vor allem bei Patienten mit psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen werden die «Familiengeschichten» vor Weihnachten belastender», sagt Kissling.

Hohes Cholesterin und Herzinfarkt

Zu keiner Zeit im Jahr sind die Cholesterinwerte so hoch wie nach Weihnachten, fanden Wissenschaftler heraus. Sie raten deshalb, das Cholesterin im Blut erst mit etwas Abstand zu den Feiertagen bestimmen zu lassen. 

Zu hohe Cholesterinwerte sind ein Risikofaktor für Herzinfarkte, und diese sind mehreren Studien zufolge an Weihnachten häufiger als sonst im Jahr. Das könnte mit dem Weihnachtsstress zusammenhängen, mit opulentem Essen und Trinken, mit emotionaler Aufregung und auch mit der kalten Jahreszeit.

Verletzungen

Zu viel Alkohol, Stress und schwelende Konflikte führen an Weihnachten regelmässig zu Diskussionen. «Zu uns kam einmal ein Paar, das sich an Weihnachten so gestritten hat, dass einer der Partner dem anderen einen Kristallaschenbecher an den Kopf warf. Die Folge war eine grosse Platzwunde, die wir genäht haben», erzählt Barbara Fiedel. 

Eine andere Gefahr geht von den Weihnachtsbäumen aus. Bruno Kissling wurde nach Weihnachten einmal von einer Patientin «wegen nachhallendem Schock» konsultiert. Der Baum war in Flammen aufgegangen und hatte einen Zimmerbrand verursacht.

«Aufgeschobene» Krankheiten

Wer wirklich akut krank wird, sollte – Feiertage hin oder her – einen Arzt konsultieren, damit es ihm nicht so ergeht wie der älteren Patientin, zu der Michel Marchev einst gerufen wurde. Sie hatte sich tagelang dagegen gesträubt, dass die Angehörigen den Doktor holen, weil sie ihn nicht während der Festtage stören wollte. Als sie schliesslich einwilligte, ihn zu rufen, war es zu spät: Ihre entzündete Gallenblase war geplatzt. Die arme Frau verstarb. (Lies unten weiter...)

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Die ungewöhnlichen «Weihnachts-Krankheiten»

Guetzli-Krankheit

Die Kinder sahen besorgt drein, und die Mutter fühlte sich sehr seltsam und unwohl. Sie atmete schnell, war ängstlich und hatte rote Augenbindehäute, als Michel Marchev bei ihr eintraf. Im Vorbeigehen registrierte Marchev das Kuchenblech mit den Brownies. Vier fehlten. Die hatte die Mutter gegessen – nicht ahnend, dass ihre Kinder zum Fest Cannabis-Guetsli gebacken hatten.

Einer anderen Guetzli-Bäckerin bescherten Nervenkekse, nach einem Rezept der heiligen Hildegard von Bingen gebacken, einen Trip. Der Teig enthielt sehr viel Muskatnuss, die für ihre «entrückende» Wirkung bekannt ist.

Fremdkörper

Wenn das Kleinkind plötzlich zu husten beginnt, ist die Erklärung nicht immer eine Erkältung. Vor allem, wenn zugleich ein Teil der Weihnachtsdekoration fehlt. Der Einfallsreichtum der Knirpse ist nicht zu unterschätzen, wenn es darum geht, sich Lämpchen vom Christbaum oder anderen Weihnachtsschmuck einzuverleiben. Bei einem Zweijährigen beispielsweise fanden die Ärzte nach 15 Monate dauernder Heiserkeit schliesslich einen kleinen Plastikweihnachtsbaum tief im Schlund.

Allergie

Weihnachtssterne sind dekorativ, aber wer eine Latexallergie hat, sollte sich vor ihnen hüten: Hautausschläge, Heuschnupfen, Asthma und sogar schwere allergische Reaktionen sind möglich. Dabei muss der Betroffene die Pflanze nicht einmal berühren, denn die Allergie-auslösenden Substanzen gelangen auch in die Luft. Allergien gegen den Weihnachtsbaum sind dagegen selten.

Pseudo-Notfall

«Zu uns kam an Weihnachten einmal ein Mann mit einem seit drei Monaten eingewachsenen Zehennagel. In der Hoffnung, dass er am Heiligabend schneller drankommt, wollte er den Zeh noch rasch operieren lassen und pünktlich zur Bescherung wieder daheim sein», erinnert sich Barbara Fiedel. Das sei aber leider nicht machbar gewesen. 

Auch Hausärzte können ein Lied von solchen Einsätzen singen: Ein Arzt im Kanton Bern beispielsweise musste am Heiligabend einmal ausrücken, weil sich jemand einige Tage zuvor die Zunge an zu heissem Essen verbrannt hatte.

 

Quellen: «Allergy», «atherosclerosis», «BMJ», «Circulation», «Clinical Pediatrics», «Deutsche Medizinische Wochenschrift», «Environmental Research and Public Health», «Pediatric Anesthesia», «Respiratory Medicine Case Reports», «Southern Medical Journal», «Swiss Medical Forum», «The American Journal of Cardiology», «Allergy»

von Dr. med. Martina Frei,

veröffentlicht am 04.12.2020


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